Die Bedeutung dieses Schaffens und die Hintergründe der Entstehung dieser Kunstwerke hat der Geschäftsführer der Sozialstation Reinhard Ernst in seine Eröffnungsrede dargestellt.
Die Künstler waren alle Teilnehmer an einer der Betreuungsgruppen für Demenzkranke, wowon die Sozialstation 11 betreibt. Insgesamt richte sich das Angebot der Sozialstation damit an ca. 100 Menschen, in Leonberg gebe es aber nach den aktuellen Hochrechnungen derzeit ca. 800 Menschen mit diesem Krankheitsbild.
Unter Anleitung des fachlich geschulten Betreuungspersonals entstanden in Gruppenarbeit viele farbfrohe Arbeiten, die etwas ganz besonderes an sich haben.
Man könnte sagen, wo nur Platz für Kunst gemacht wird, da zeigt sie ihre Bedeutung und ihre Eigenschaften. Auch in diesem Fall sprenge die Kunst die Grenzen, die von der Krankheit gezeichnet wurden. Durch die Kunst entstand eine Gemeinschaft mit gleichen Zielen, vielen positiven Gefühlen und Emotionen aus den Erinnerungen
Ernst dankte der Stadt und dem Land Baden-Württemberg für die finanzielle Förderungen der Betreuungsgruppen, denn es handle sich bei den Gruppen schließlich um gerontopsychiatrische Facheinrichtungen.
Ute Meister, die die Tagesstätte "Stube", ein weiteres Betreuungsangebot der Sozialstation leitet und täglich ihren kreativen Einsatz mit Patienten unter Beweis stellt, hat ausdrucksstark ein kurzen Gedicht zur Demenz vorgetragen:
Was wird morgen sein -
Es ist Morgen, ich wache auf.
Ich schaue in den Spiegel
und bemerke eine Veränderung.
Nichts ist mehr,
wie es gestern noch war!
Was wird morgen sein?
Die Tür geht auf,
eine Frau kommt rein.
Ich überlege kurz,
wer kann das sein?
Was wird morgen sein
Die Frau sagt:
„Guten Morgen, Schatz!“
Ich frage mich nur,
was soll denn das?
Angst überkommt mich.
Wie wird es weitergehen?
Dinge, die mir vertraut waren,
sind plötzlich so fremd.
Die Frau ist immer noch da,
ich bin so gehemmt.
Was wird noch passieren?...
Die Besucher, die zur Eröffnung erschienen sind, konnten mit dem Hintergrundwissen, das die Leiterin einer der Gruppen, Frau Conny Dannecker sehr lebensnah vermittelte, die Bilder aus einer vielleicht ganz neue Perspektive anschauen. Die Schönheit und den eigentlichen Wert der Bilder kann wie oft in der Kunst erst dann gesehen werden.
Das Verständnis und der Umgang mit diesem Thema ist heute noch keine Selbstverständlichkeit, und genau da sei die Sozialstation mit Ihren Einsätzen Projekten in eine Vorreiterrolle.
Bei dieser Ausstellung geht es nicht um große Kunst, wohl aber um Freude am gemeinsamen Tun, um Gefühle auszudrücken, oftmals ohne großer Worte. Gemeinsam ein Werk zu erstellen vor dem großen Vergessen.
Das Malen mit verschiedenen Herangehensweisen ist ein Medium, den erkrankten das Gefühl zu geben „ Gemeinsam sind wir stark, ich bin ein Teil davon.“ Dies stärkt das schwindende Selbstwertgefühl jedes einzelnen.
Es wurden von den Gruppenleitungen verschiedene Techniken ausprobiert.
Bei der Drucktechnik kamen alte Erinnerungen auf . Mit viel Heiterkeit wurde aus dem Nähkästchen von früher geplaudert.
Große Unsicherheit und Unruhe erzeugte das freie Malen. Mit viel Lob und Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer wurden Blumen, Farbtupfer und weiteres auf die Leinwände gezaubert. Blasmusik im Hintergrund motivierte die Gäste im Rhythmus die fertigen Motive aus Servietten zu erweitern.
Spürbar ruhiger wurden die erkrankten bei schwingenden, beruhigenden Malübungen, ob mit Hilfe von Murmeln und Schuhkarton oder mit Pinsel und Farbe.
Gestern beim Aufbau kamen von Besuchern die Aussagen wie „ Jetzt wird`s aber bunt“ oder So bunt war es schon lange nicht mehr“ Dies waren sehr schöne Komplimente für uns. Alle Bilder drücken die Lebensfreude der erkrankten aus. Sie können mit Unterstützung noch viel Bewirken.
Wer einmal erlebt hat, wie die erkrankten voll ungläubigen Stolz, gemischt mit Unsicherheit und Verlegenheit , ihre eigenen Werke betrachten, hat selbst ein beglückendes Erfolgserlebnis.
Frau Dannecker lud die Gäste zum ein zum bunten jahreszeitlich gestalteten Rundgang. Die Ausstellung ist geöffnet bis zum 26.07.2013.